Yadegar Asisi

Yadegar Asisi

Schon seit Kindertagen faszinieren Yadegar Asisi die Techniken der Raumillusion. Vor allem begeistert ihn die italienische Renaissance-Malerei um 1500. Meister wie Andrea Mantegna oder Leonardo da Vinci wecken bereits bei dem zehnjährigen Schüler in Leipzig Fragen nach den Möglichkeiten, innerhalb eines zweidimensionalen Tafelbildes dreidimensionale Räume darzustellen. Die Technik des Zeichnens bedeutet für den jungen wie den erwachsenen Asisi ein Rüstzeug zur Erkenntnis der Welt und zur Persönlichkeitsbildung. Perspektivische Prinzipien nehmen in den späteren Berufungen eine wichtige Rolle ein.

Vita

1955
geboren in Wien, Kindheit und Jugend in Halle and Leipzig

1973 bis 1978
Architekturstudium, Technische Universität Dresden

1978 bis 1984
Malereistudium, Hochschule der Künste, Berlin

1991
Gastprofessur im Fachbereich Architektur, Hochschule der Künste, Berlin

1996 bis 2008
Professur für Freie Darstellung, Technische Fachhochschule, Berlin

Panoramen

NEW YORK 9/11
Seit 9. April 2022, Leipzig

DIE KATHEDRALE VON MONET
2020 – 2021, Rouen

CAROLAS GARTEN
2019 – 2022, Leipzig

TITANIC
2019 – 2020, Rouen
2017 – 2019, Leipzig

GREAT BARRIER REEF
2018 – 2023, Pforzheim
2017 – 2018, Rouen
2015 – 2017, Leipzig

 

PERGAMON
Seit März 2023, Pforzheim
Seit November 2018, Museumsinsel, Berlin
2016, Videoinstallation, Metropolitan Museum New York
2011 – 2012, Berlin

LUTHER 1517
Seit 2016, Lutherstadt Wittenberg

ROUEN 1431
2016 – 2017, 2018, Rouen

LEIPZIG 1813
2013 – 2015, Leipzig 

DIE MAUER
Seit 2012, Checkpoint Charlie, Berlin

DRESDEN IM BAROCK und DRESDEN 1945
Seit 2006 / 2015, im Wechsel, Dresden

AMAZONIEN
2017 – 2020, Hannover
2015 – 2016, 2019, Rouen
2009 – 2013, Leipzig

ROM 312
2014 – 2018, Pforzheim
2014 – 2015, 2018/2019, Rouen
2011 – 2012, Dresden
2005 – 2009, Leipzig

EVEREST
2003 – 2005, Leipzig
Erste Jahreshälfte 2012, Leipzig
Erste Jahreshälfte 2013, Leipzig

„Berlin 2005 – Cityvision“
1995, vier Panorama-Rotunden, Berlin

Rekonstruktion des Panoramas „Das alte Rom. Mit dem Triumphzuge Kaiser Constantin`s im Jahre 312 n. Chr.“ von Alexander von Wagner und Josef Bühlmann
1993, Bundeskunsthalle Bonn

Sonstige Projekte

Installation für die Erweiterung des Olympia-Stadions
2002, Berlin

Film für Daniel Libeskinds Entwurf zum Wiederaufbau des World Trade Centers
2002

„Die unsichtbare Stadt“, offene Panoramasegmente zu unverwirklichten Stadtplanungen
1999/2004, Berlin

„Südseeträume und Pflanzenjäger“
1999, Weimar    

„Stadtbild – Stattbild“
1996, Innsbruck

Innenraumgestaltung des Schlosstheaters Putbus auf Rügen, eine anamorphotische Malerei
1996, Putbus                           

„Vestir o Christo Rei“, Überformung der Christus-Statue
1994, Lissabon

„Orbit 2000“
1992, Weltausstellung EXPO 1992, Sevilla

Kopfbahnhof der Berliner Magnet-Bahn am Kemper-Platz, Mies-van-der-Rohe-Preis mit „Brandt-Asisi-Böttcher“
1990, Berlin

Breitscheidplatz Berlin, anamorphotische Installation
1989, Berlin

Wandbild am Kottbusser Tor
1989, Berlin

„Mauerdurchblick“, illusionistische Malerei auf Berliner Mauer
1986, Berlin-Kreuzberg

Kinobilder, u.a. für „Down by law“ oder „Himmel über Berlin“
1986

„Hinterhof mit Remise“, Internationale Bauausstellung im Martin-Gropius-Bau
1984, Berlin

 

Bühnenbilder

Bühnenbild für Carl Millöckers „Der Bettelstudent“
2013, Regie: Ralf Nürnberger, Seebühne Mörbisch (Österreich)

Bühnenbild für W.A. Mozarts „Die Zauberflöte“
2004, Regie: Ralf Nürnberger, Oper Leipzig

Bühnenbild zu Friedrich von Flotows „Martha“
2002, Regie: Ralf Nürnberger, Staatsoperette Dresden

Bühnenbild zu Leonard Bernsteins „West-Side-Story“
2002, Regie: Ralf Nürnberger, Staatsoperette Dresden

Bühnenbild zu Rudyard Kiplings „Das Dschungelbuch“
1992, Regie: Ralf Nürnberger, Stadttheater Heilbronn

Bühnenbild zu Luigi Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“
1991, Regie: Ralf Nürnberger, Stadttheater Heilbronn

Weitere Ausstellungen

„Anatomikum“
2001, anamorphotische Installation für die Ausstellung „Natura et Arte“, Martin Gropius-Bau, Berlin

„Hommage an Daniel Buren“
1999, Panoramarotunde, Weimar

„Europa-Panoramen“
1996, Hannover

„Schau heimwärts, Engel“
1993, Leipzig

„Mythos Berlin“
1987, Installation zum Anhalter Bahnhof, Berlin

„Existenzminimissimus“
1986, Installation für die XVII. Mailänder Triennale, Mailand   

„Hommage à Gustave Eiffel“
1984, Zeichnungen und Installationen, Galerie Marx, Berlin

Studium und erste Schritte

An der TU Dresden absolviert Asisi von 1973 bis 1978 ein Studium der Architektur und lernt den Charme und die Besonderheiten des 1945 zerstörten und sich im Wiederaufbau befindenden Dresden kennen. Aufgrund seiner Biografie als Sohn persischer Flüchtlinge kann er 1978 die DDR verlassen und begibt sich für ein knappes Jahr in den Iran der Revolutionszeit. 1979 kehrt er nach Deutschland zurück und absolviert bis 1984 an der Hochschule der Künste (heute Universität der Künste) in Berlin ein Studium der Malerei, zuletzt als Meisterschüler von Klaus Fußmann.

Seine Meisterschaft in der perspektivischen Darstellung und die zeichnerische Leidenschaft prädestinieren Asisi, mit dem 1982 gegründeten Büro Brandt-Asisi-Böttcher architektonische Projektideen so umzusetzen, dass sie für eine weite, auch nicht-fachliche Leserschaft interpretierbar werden. Asisi ist einer der ersten, der das Zeichnen in die Architekturpräsentation bringt.

Anamorphosen

Durch die Beschäftigung mit der Kreation illusionistischer Räume wendet sich Yadegar Asisi Rauminstallationen zu, die sich der Anamorphose bedienen. Die insbesondere im Barock beliebte Technik der bewussten malerischen Verzerrung von Raumdecken mündet in eine perfekte Raumillusion von einem definierten Punkt aus. Grenzen des vorhandenen Raumes werden aufgebrochen und illusorisch erweitert. Im Rahmen der Ausstellung „Mythos Berlin“ realisiert Asisi 1987 die anamorphotische Rekonstruktion des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Anhalter Bahnhofs. Eine andere Raumillusion stellt 1986 die malerische Rekonstruktion der in Ost-Berlin liegenden Sankt-Michael-Kirche auf der Berliner Mauer in Kreuzberg dar. Nach Mauerfall 1989 gelangt eines dieser Mauerstücke als Geschenk zu Papst Johannes Paul II. und befindet sich seitdem in den Vatikanischen Gärten in Rom.

Entdeckung der Panoramen

Die eigentliche künstlerische Berufung entdeckt Yadegar Asisi durch die Ausstellung „Sehsucht – Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts“, die 1993 von Marie-Louise von Plessen für die Bundkunsthalle in Bonn kuratiert wird. Asisi gestaltet die Ausstellungsarchitektur und fertigt anhand eines schwarz-weißen Leporellos eine malerische Rekonstruktion eines historischen Panoramas von Alexander von Wagner und Joseph Bühlmann an. Er realisiert, dass sich in diesem Medium seine Erfahrungen als Zeichner, Maler, Architekt oder Erschaffer von Illusionsräumen bündeln: Schon 1995 kreiert er vier Panoramen in Berlin, die sich der Zukunft der Stadt widmen. Die im Zuge der Umgestaltung angefertigten Masterpläne für zentrale Orte wie Potsdamer Platz, Pariser Platz, Schlossplatz oder Alexanderplatz führt er in jeweils eigenen Panoramen in neu errichteten Rotunden aus, um Berlinern oder Besuchern – kurz, der Allgemeinheit – eine Möglichkeit zu geben, „wissend“ über die Gestaltung der Stadt mitzudiskutieren. Der große Erfolg der Aktion beflügelt ihn und nach weiteren Installationen und Entwicklungen wie etwa zur Hanse oder für den Wiederaufbau des World Trade Centers durch Daniel Libeskind eröffnet sich die Möglichkeit, in der alten Heimatstadt Leipzig sein erstes Groß-Panorama mit rund 3.500 Quadratmetern Bildfläche umzusetzen. Asisi realisiert, dass im Panorama Möglichkeiten stecken, die er inhaltlich-konzeptuell weiterentwickeln und aus den Beschränkungen des 19. Jahrhunderts herausführen will.

Wiederbelebung einer Kunstform

Er kreiert EVEREST, das 2003 in einem ehemaligen Gasometer eröffnet wird. Damit verbucht Asisi einen ungeahnten Erfolg und so entwickelt sich aus einem Projekt eine dauerhafte Institution, dem der Name Rechnung trägt: Panometer beschreibt die Synergie aus zylindrischem Panorama im kreisrunden Gasometer. 2005 kreiert er das Panorama ROM 312, indem er das Format der malerischen Bonner Rekonstruktion vergrößert und Inhalte hinzufügt, 2006 kann Asisi sich im Panometer Dresden der besonderen Stadt- und Architekturgeschichte von Dresden widmen: DRESDEN IM BAROCK thematisiert den Mythos „Elbflorenz“ unter Analyse der Veduten von Canaletto. Ihm folgt 2015 mit DRESDEN 1945 das Trauma der zerstörten Innenstadt nach den alliierten Angriffen 1945. In Leipzig werden 2009 das Naturpanorama AMAZONIEN, 2013 die Stadtvedute LEIPZIG 1813 und 2015 das Naturpanorama GREAT BARRIER REEF gezeigt, dem Asisi 2017 mit TITANIC einen Diskurs zum Mythos der Moderne folgen lässt.

Die narrativ-monumentalen Bildwelten von Yadegar Asisi kommen in verschiedenen Subgenres zum Ausdruck: Stadtansichten geben einen Einblick in die Stufen und Formen der Entwicklungsgeschichte der Menschheit, bewegende Naturräume eröffnen ungeahnte Blicke auf unterschiedlichste Regionen und das Verhältnis vom Menschen zu diesen komplexen Ökosystemen, Momente der Zeitgeschichte aktivieren das kollektive Gedächtnis und das Unterbewusste. Was alle Arbeiten eint, ist eine ihnen innewohnende Interpretation und Interpolation von Raum und Zeit. „Verdichtung“ nennt es Asisi – stets zu Gunsten der Bildinhalte und der künstlerischen Aussage. So vereinen GREAT BARRIER REEF oder AMAZONIEN in einem Panorama riesige Naturräume und thematisieren die Komplexität und die Begeisterung für die wunderbare Natur, DRESDEN IM BAROCK interpretiert eine ganze Epoche und DRESDEN 1945 aktiviert die kollektive Erinnerung.

Der dauerhafte Erfolg der Panoramen in Sachsen führt 2011 zu einer bis dato weltweit einzigartigen Kooperation mit dem Pergamonmuseum in Berlin: PERGAMON führt als Projekt das Panorama der antiken Stadt von Yadegar Asisi mit einer archäologischen Ausstellung der Antikensammlung des Pergamonmuseums auf der Museumsinsel in Berlin zusammen. Weit über eine Million Menschen besuchen in einem Jahr die Ausstellung. Seit November 2018 wird im eigens neu errichteten Ausstellungsbau Pergamonmuseum. Das Panorama das überarbeitete Pergamon-Panorama in einer neu konzipierten Ausstellung der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin mit Yadegar Asisi und dem Studio asisi gezeigt. 2012 eröffnet Asisi am Checkpoint Charlie in Berlin sein bislang persönlichstes Werk: Im Panorama DIE MAUER bündelt er eigene Erfahrungen als Zeitzeuge der geteilten Stadt. Er stellt den Alltag im Schatten der Berliner Mauer dar und macht eine Periode der jüngeren Zeitgeschichte nachempfindbar.

Im Jahr 2014 übergibt Asisi erstmals Panoramen an Partner in verschiedenen Städten: Im Gasometer in Pforzheim, im nordfranzösischen Rouen, in der Lutherstadt Wittenberg und in Hannover waren beziehungsweise sind seine Werke in den folgenden Jahren zu sehen. Für Rouen und Wittenberg bot sich die Möglichkeit, stadtbezogene Bilder zu schaffen, die sich thematisch in die Reihe der historischen Stadtpanoramen einfügen: ROUEN 1431 thematisiert die Zeit der Spätgotik und mit Jeanne d’Arc eine Ikone Frankreichs, LUTHER 1517 die Epoche der Reformation am Beispiel des Menschen Martin Luther und der Verhältnisse in Wittenberg um 1517.

Panoramen mit Partnern

Im Jahr 2014 übergibt Asisi erstmals Panoramen an Partner in verschiedenen Städten: Im Gasometer in Pforzheim, im nordfranzösischen Rouen, in der Lutherstadt Wittenberg und in Hannover waren beziehungsweise sind seine Werke in den folgenden Jahren zu sehen. Für Rouen und Wittenberg bot sich die Möglichkeit, stadtbezogene Bilder zu schaffen, die sich thematisch in die Reihe der historischen Stadtpanoramen einfügen: ROUEN 1431 thematisiert die Zeit der Spätgotik und mit Jeanne d’Arc eine Ikone Frankreichs, LUTHER 1517 die Epoche der Reformation am Beispiel des Menschen Martin Luther und der Verhältnisse in Wittenberg um 1517.

Publikation

Die Panorama-Werkschau und die Künstlerdokumentation "Bilder werden Räume" geben einen hervorragenden Überblick über die Entwicklung der immersiven Panoramakunst von Yadegar Asisi zwischen 2003 und 2018.