Reisetagebuch Antarktis – Teil 3
Wenn wir schöne Dinge zum ersten Mal erleben, bleibt uns dieser Moment manchmal für immer in Erinnerung. Ich werde diesen Montagmorgen im Februar also hoffentlich nie vergessen. Wie ich die Treppe zum Deck hinaufsteige, noch ganz zerstreut von den vielen Tagen auf See. Wie ich noch in der Sekunde, bevor ich oben ankomme, davon überzeugt bin, dass wir niemals wieder Land sehen werden, dass wir über den Rand der menschlichen Welt hinausgefahren sind. Und wie es mich dann umhaut, einfach umhaut, als ich ihm zum ersten Mal begegne, dem sechsten Kontinent.
Das Bild, das ich für diesen Moment im Kopf abspeichere, ist ein Gemälde: im Vordergrund tiefblaues, fast schwarzes Wasser, dahinter, aus dem Nichts, weiße Bergriesen, die von der Sonne angestrahlt werden wie ein Sänger auf der Bühne, ab und zu blitzt ein Felsen durch, und hoch über allem hängt der tiefgraue Himmel. Diese perfekten Farben, diese wohltuenden Gegensätze; liebe Natur, hör auf zu prahlen! Ich kann mich nicht satt sehen am Meereshimalaya.
Wir schippern durch die Bransfieldstraße, vorbei an Elephant Island, einer vorgelagerten Insel der Antarktis. Neben mir Mathias und Richard, das asisi-Team. Gemeinsam mit Yadegar Asisi sind wir auf dem Weg in die Antarktis. Mit dem Schiff MS Hanseatic fahren wir von Ushuaia in Südargentinien über die Falklandinseln und Südgeorgien zum antarktischen Festland. Die Reise entscheidet darüber, ob Asisi der Eiswelt am Südpol ein Panorama widmet.
Heute Morgen steht er lange vor uns anderen am Oberdeck. Mitten im eisigen Polarwind. Er hat nicht viel geschlafen, aber das sieht man ihm nicht an. Er strahlt. Er saugt die Natur mit allen Sinnen auf. Als einziger von uns hat er miterlebt, wie der Nebel sich langsam verzog, wie aus der dichten Suppe des Südatlantiks plötzlich weiße Berge auftauchten.
Er hat die Antarktis als Erster entdeckt.
Ich will dann wissen, ob er sich schon entschieden hat.
Wird es ein Antarktis-Panorama geben?
„Ich weiß nicht, wie überhaupt jemand die Unverschämtheit haben kann, zu behaupten, er könnte diese Natur hier abbilden“, sagt er.
„Das geht nicht, das ist so überwältigend. Aber ich versuche es trotzdem.“
Wenn das Wetter mitspielt, wenn es nicht zu kalt wird, haben wir sechs Tage, um die Antarktis zu erkunden. Sechs Tage, um an Vulkaninseln anzulegen, verlassene Walfangstationen zu besuchen, Gletschern ganz nah zu kommen. In ein paar Stunden betreten wir zum ersten Mal antarktisches Festland. 14.000 Kilometer entfernt von zu Hause. Noch so ein Moment für die Ewigkeit.